Blühende Aussichten

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Der Juchtenkäfer


Jahrtausende lang war Kärnten als waldreiches Land reich ausgestattet mit Alt- und Totholz unterschiedlicher Baumarten, das zahllosen Tieren einen Lebensraum bot.

Seit der Sesshaftwerdung des Menschen in der Jungsteinzeit und mit zunehmender Urbarmachung und Nutzungs-Intensivierung der Kulturlandschaft einschließlich der Wälder ging und geht ein Rückgang dieser Lebensräume einher – und damit auch eine Abnahme jener Arten, die an Alt- und Totholz gebunden sind. Es sind mehrere tausend heimische Arten von Vögeln, Säugetieren, Insekten, Flechten, Pilzen u.a. gleichermaßen betroffen.Eine besonders stark dezimierte Käferart aus der Rosenkäfer-Verwandtschaft wurde als Zielart oder Flaggschiff-Art ausgewählt, stellvertretend für viele weitere selten gewordene Arten: der Juchtenkäfer. Diese Insektenart spielt eine besonders wichtige Rolle im Ökosystem Streuobstwiese und von der Förderung der Lebensräume dieser einen Art profitieren zahlreiche andere.

Der Juchtenkäfer zählt zur Familie der Rosenkäfer und ist damit ein Verwandter der Mistkäfer sowie Mai- und Junikäfer. Die Bezeichnung Juchtenkäfer nimmt Bezug auf seinen starken, auch für den Menschen wahrnehmbaren lederartigen Geruch.

Juchtenkaefer und Larven

Rechts zu sehen sind die Larven des Juchtenkäfers. Sie ernähren sich über mehrere Jahre harmlos und nicht schädlich von Baumerde und hinterlassen dabei typische Kotpellets (dunkelbraun).

 

Quartier gesucht: alte Laubbäume mit Höhle in besonnter Lage


Der Juchtenkäfer oder Eremit (wissenschaftlich Osmoderma eremita) ist in seiner Lebensweise an besonnt stehende, sehr alte, anbrüchige, aber noch lebende Bäume gebunden. Ursprüngliche Lebensräume dieses großen, aber sehr versteckt lebenden Käfers sind totholzreiche Laubholzbestände, insbesondere Auen, wo sich der Käfer in Baumhöhlen entwickelt. Vom ursprünglichen Hauptlebensraum, den Auen entlang der Fließgewässer, sind jedoch nur mehr wenige Reste vorhanden. Daher hat der Juchtenkäfer in der Kulturlandschaft Mitteleuropas andere Lebensräume erobert: Streuobstwiesen, markante Einzelbäume, Kopfweiden, Alleen und Parks. Hier können Laubbäume alt genug werden, damit sie in ihrem Inneren Baumhöhlen ausbilden können.

Heimlich lebender Käfergigant


Wichtig ist eine mit Baumerde (Mulm) gefüllte Höhle eines stehenden Baumes. Nach dem Durchlaufen mehrerer Stadien der zugegebenermaßen nicht sehr ansehnlichen Larven (Engerlinge) erfolgt nach drei bis vier Jahren die Verpuppung in einem Kokon, in dem sich die Verwandlung zum fertigen Käfer vollzieht. Der Käfer ernährt sich nur vom abgestorbenen Baummaterial, er schädigt den Baum in keinster Weise! Die meisten Tiere verlassen zeitlebens die besiedelten Höhlenbäume nicht. Daher ist der immerhin bis zu 4 cm große, stattliche und schwarzglänzende Käfer nicht oder nur bei gezielter Suche zu entdecken.

 

Juchtenkaefer Quartier

Blick in eine Baumhöhle mit Mulm – besiedelt von Juchtenkäfer-Larven.

 

Genussreiche Landschaft als Lebensraum


Das Lavanttal mit seinen verbliebenen Streuobstbeständen ist eine wichtige Region für den Juchtenkäfer in Kärnten. Die Art gilt aber im ganzen Bundesland als vom Aussterben bedroht. Was hilft ihr und der Naturvielfalt? Landwirte/innen, die Streuobstwiesen erhalten, pflegen und neu anlegen sowie Konsumenten, die die genussreichen und gesunden Streuobstwiesenprodukte wertschätzen. Nebeneffekt: eine vielfältige, blüten- und artenreiche Landschaft.

Text und Bilder: ÖKOTEAM (Graz), 16.10.2018